ZS Studierenden Zeitung

Dubler's Welt I

ZS, 13.4.2007

Au Chien qui fume. Der Weg zum Nichtraucher ist kein Palmblatt gesäumter, aber ein pflastersteiniger.

Au Chien qui fume. Der Weg zum Nichtraucher ist kein Palmblatt gesäumter, aber ein pflastersteiniger.

Meine Raucherkarriere begann Hand in Hand mit der klassischen Einstiegsdroge Mary Jane. Aus dem Ausflug ins Land des grossen Gekichers habe ich Freundin Parisienne mit nach Hause gebracht. Auf der ersten Interrail Reise bastelten wir Aschenbecher aus abgesägten Tetra-Packungen und klebten sie an die Bettkante, um auch liegend bzw. beim Einschlafen noch rauchen zu können, ohne dabei den Kopf heben zu müssen. Konsequenterweise war es auch das Erste, was wir taten, wenn wir morgens aufwachten. Kollege Thurgi brachte es in jenem Sommer an einem Tag in Berlin auf 73 Stängel und hält damit den bis heute ungebrochenen Rekord.
10 am Tag waren zuletzt mein Schnitt. An einem Tag mit Bar-Besuch kam ich auf 20. An einem Tag mit Bar-Besuch gefolgt von einem Bar-Besuch kam ich auf 30. Bei Bar-Besuch, Bar-Besuch, Bar-Besuch, Ausgang auf 40. An Tagen mit einem gebrochenen Herzen, gefolgt von einem Bar-Besuch, Bar-Besuch, Bar-Besuch, Bar-Besuch, halbe Flasche Whiskey zu Hause (mit abgesägter Tetra Packung am Bett) auf 50 bis 60. Zu mehr hat es nie gereicht.
Vor meinem Vater habe ich nur einmal eine Zigarette geraucht - aus Wut und Protest: Siehst du, zu solch schlimmen Taten ist dein gross-bürgerliches Geblüt fähig. Ansonsten behielt ich in der offiziellen Rhetorik meiner familiären Regierung (konstitutionelle Monarchie) den Nicht-Raucher Status. Darum hat Rauchen bis zuletzt die Faszination von etwas Verbotenem behalten.
Der blaue Dunst: In meinen atlantikblauen Augen Inbegriff von Schöngeistigkeit, Jeunesse dorée und dem Duft der grossen weiten Welt. Damit ist jetzt, trotz aller Versuchungen und cinéastischer Tagträume, leider Schluss. Nicht aus gesundheitlicher Vernunft, nicht aus Angst vor gelben Zähnen, nicht aus Verantwortungsbewusstsein den Nichtrauchern gegenüber, sondern weil ich nicht dazu stehen konnte.
Ich bin ein weisser Ritter. Soviel Konsequenz muss sein.

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Dubler's Welt II

ZS, 21.4.2006

Auf zu neuen Ufern! Meine Zeit als Studierender ist eine merkwürdige, schwierige, orientierungslose, chaotische, zuweilen hochgradig verwirrende und darum auch sehr prägende. Ich glaube, ich bin derweil erwachsen geworden.

Auf zu neuen Ufern! Meine Zeit als Studierender ist eine merkwürdige, schwierige, orientierungslose, chaotische, zuweilen hochgradig verwirrende und darum auch sehr prägende. Ich glaube, ich bin derweil erwachsen geworden.

Lange habe ich mich gefragt, was denn nun so aussergewöhnlich am Studieren sein soll, abgesehen von den vielen neuen Freiheiten, mit welchen ich nicht umgehen konnte. Einen Teil der Magie glaube ich mittlerweile entzaubert zu haben - die Tatsache, dass man die ganze Tiefe und Tragweite wohl erst nach Beendigung begreifen kann. Zuerst aber scheiterte ich am Schritt in die Unabhängigkeit. Ich beklage mich beispielsweise bis heute, dass mir nie jemand erklärt hat, dass man sich Wissen nicht aus Vorlesungen, sondern aus Büchern angeeignet (welche man sich selbst in der Bibliothek beschaffen muss). Träume, Bilder und Hoffnungen lösen sich zunehmends auf. Studiere ich wirklich das Richtige?
Eine gewisse Zeit vergeht. Wenig verändert sich. Keine Studentenrevolten, keine spontanen Sexorgien an WG-Partys, keine frischen Socken im Regal. Dafür schwänzelnde Burberrys-Halstücher im Zentralhof, Einheitsbrei, Menschen, welche Ängste und Nöte haben. Mein Leben als Studierender ist nicht jenes, welches mir in Filmen, in Erzählungen oder in der Schule vorgegaukelt wurde. Es ist auch nicht so, wie ich es mir persönlich gewünscht oder vorgestellt hätte. Vielmehr passierte es einfach.
Lange Zeit habe ich am faden Sud der Vorlesungen gelabt, ohne nach dem Salzstreuer oder dem Sambal-Ölek-Töpfchen zu greifen. Bis ich eines Tages bereit war, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Zeiten ändern sich, das ist das Erste was man begreifen und auch akzeptieren muss. Für alles andere braucht es nicht viel mehr als Mut und Neugierde, ein wenig Biss und ein Quäntchen Glück.
Das Studium ist eine wunderbare Zeit! Voller Tragödien, Unklarheiten, Ungereimtheiten, Träume, Bilder und Hoffnungen. Diese Zeit ist für mich heute in einer Woche abgelaufen. Auf zu neuen Ufern!

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Dubler's Welt III

ZS, 8.2.2008

Sturm im Kopf. Wem ergeht es nicht auch so - zumindest von Zeit zu Zeit: Man erwacht und hat einen schweren Kopf.

Sturm im Kopf. Wem ergeht es nicht auch so - zumindest von Zeit zu Zeit: Man erwacht und hat einen schweren Kopf.

Nicht den hämmernden, müden, verwirrten, unkontrollierten, desorientierten eines Katers, welcher keinen klaren Gedanken zulässt und permanent drückt wie ein zu enger Helm, sondern einen, welcher sich so unbeschreiblich anfühlt wie die Melasse aus Mutlosigkeit, Ziellosigkeit, Desillusion und Nüchternheit. Ein Kopf, welcher sich nicht durch zusätzlichen Schlaf, Kamillentee oder eine Handvoll Aspirin bekämpfen lässt. Ein von der Nacht angespuckter.
Mit einem solchen zerebralen Tiefdruckgebiet umzugehen ist schwierig. Meist ist die Scham zu gross, um das Unwetter offen anzusprechen. Mir persönlich ist es unangenehm, mich in diesen matten Phasen anderen Menschen zu offenbaren und sie mit vermeintlichen Bagatellen zu langweilen. Und diejenige, die es nicht stören würde sind dann immer nicht da, nur telefonisch erreichbar oder existieren schlicht nicht.
Anders betrachtet könnte man sagen, ein wenig seelisches Leid ist gar nicht so schlimm. Es regt zum Nachdenken an. Es hinterfragt bestehende Zustände und ist vielleicht die kritische Reaktion unserer Körper auf eine kranke Lebensweise. Dieser Schritt zurück, kann in diesem Sinne zwei Schritte nach vorne bedeuten.
Wenn Voltaire seinen Candide auf die Reise durch die beste aller Welten schickt um herauszufinden, dass sich diese draussen vor dem Hause in seinem Garten befindet, spricht er darauf an, dass es, um glücklich und zufrieden zu sein, keiner Säcke voll Gold, keiner Königreiche und keiner hochtrabenden Philosophie bedarf, sondern einzig und alleine der Erledigung seiner täglichen Arbeiten. Der Rest ist geschenkt.
Mein Rezept: Einer persönliche "was ich mag"-Liste führen, welche mich in diesen nebligen Zeiten daran erinnert, wie schön und wie zu kurz das Leben für Resignation eigentlich ist.
Zum Beispiel: Was ich mag: Für sich insgeheim immer noch glauben etwas Besonderes zu sein. Für alle diejenigen ohne Liste empfehle ich youtubes "best of Hans Jucket".

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Dubler's Welt IIII

ZS, 21.3.2008

Reisezeit. Jonathan Franzen benutzte einst als Metapher für einen unerklärbaren Instinkt, dem er folgt, die Geschichte von Kolibris. Diese überwintern in Mexiko, fressen sich voll und fliegen nach Texas zurück, wo sie komplett erschöpft ankommen. Aber dieser Flug gehört zu ihrem Leben.

Reisezeit. Jonathan Franzen benutzte einst als Metapher für einen unerklärbaren Instinkt, dem er folgt, die Geschichte von Kolibris. Diese überwintern in Mexiko, fressen sich voll und fliegen nach Texas zurück, wo sie komplett erschöpft ankommen. Aber dieser Flug gehört zu ihrem Leben.

So ähnlich ergeht es mir beim Reisen, auch wenn dahinter natürlich nicht ein existenzieller Reflex, sondern eine tiefe Sehnsucht steckt. Es ist für mich - so absurd es klingt - nicht eine Suche nach den wunderschönen Bildern, welche in den Reiseführern wie Gemälde in einem Museum hängen oder die Suche nach den dunklen, melancholischen, gelangweilten oder von harschem Klima zerfurchten Landschaften, welche sich in den fremden Gesichtern abzeichnen, sondern in erster Linie eine Flucht aus den Zwängen, die mein Leben in mir fort produziert.
In fremden Welten möchte ich eintauchen und untertauchen können. In ihrer Masse und der Anonymität beinahe ertrinken, mich auflösen, unsichtbar werden und nicht und für niemanden zu sprechen sein. Die Möglichkeit haben, so zu tun, als sei man alleine auf der Welt. In jeder Sekunde das zu tun, was sie einem gebietet. Wenn es mir langweilig wird, beginne ich zu träumen, gehe spazieren oder esse etwas. Wenn ich Angst habe, meine Stimme zu verlieren, summe ich ein Lied oder rufe meine Schwester an. Und wenn sich die einbrechende Dunkelheit wie ein Sack, welcher sich mehr und mehr zusammenzieht um das Zimmer, welches ich für den Bruchteil eines Lebens bewohne, legt und es wirklich scheint, als sei ich am Ende der Welt, beginne ich zu schreiben.
Solange, bis das Entfernen in Einsamkeit mündet und ich mich nach Freunden, nach Familie und Bekanntschaften sehne. Dann wird die Reise zum Kampf und die Freiheit zur Qual.
Aber: das Schönste am Reisen überhaupt ist zurückzukehren. So hüpfe ich jeweils, in Zürich-Kloten gelandet, strahlend und federleicht der Gepäck-Zurückeroberung entgegen. Schnauze an Schnauze mit den wolkenweiss gestrichenen, bellenden Riesenflughunden.

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3 Rezensionen

ZS, 10.3.2006

Musik: Neue Alben von The Magic Numbers und Camp; Film: The secret Life of Words

Musik: Neue Alben von The Magic Numbers und Camp;  Film: The secret Life of Words

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Gas oder Kohle ist nicht Wurst

ZS, 7.7.2006

Heisst's jetzt grillen oder grillieren? Ganz egal, sagt die hungrige Zeitgenossin; aber mit Kohle muss es sein!

Heisst's jetzt grillen oder grillieren? Ganz egal, sagt die hungrige Zeitgenossin; aber mit Kohle muss es sein!

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Eine Reise nach Istanbul

ZS, 8.9.2006

Im Rahmen einer Seminarreise unter dem Titel "Turkish Delight", sind 20 Architekurstudenten nach Istanbul gereist. Bericht über einen 12 Millionen Einwohner Koloss.

Im Rahmen einer Seminarreise unter dem Titel "Turkish Delight", sind 20 Architekurstudenten nach Istanbul gereist. Bericht über einen 12 Millionen Einwohner Koloss.

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Where is my mind?

ZS, 8.9.2006

Der diesjährige Zyklus der Filmstelle von Uni und ETH dreht sich um nichts geringeres als der Erkundung der menschlichen Psyche - und damit verbundener Verirrungen.

Der diesjährige Zyklus der Filmstelle von Uni und ETH dreht sich um nichts geringeres als der Erkundung der menschlichen Psyche - und damit verbundener Verirrungen.

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